Digitalpakt Schule – Elektronische Tafel vss. Tablett vss. iPAD vss. „Rest der Welt“

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Der Digitalpakt Schule läuft an und die ersten Schulträger reichen ihre Anträge ein. Der Kampf um die 5 Milliarden Euro ist eröffnet. Für viele der daran Beteiligten in den zuständigen Schulverwaltungen und in den Schulen stellt sich nun die Frage, wie die zukunftsfähige digitale Ausstattung vor Ort aussehen soll. Aber wie unterscheidet man industriell erzeugte Hype-Produkte von sinnvollen nachhaltigen Produkten?

In vielen Kommunen setzen sich die Beteiligten in den sogenannten Regionalen Bildungsbüros und Bildungsnetzwerken zusammen und entscheiden über die digitale Zukunft ihrer Schulen. Eine große Schwierigkeit besteht jedoch, eine händelbare Infrastruktur für alle Schulformen von der Grundschule bis zum Berufskolleg zu schaffen. Und so entscheiden sich viele Kommunen für das iPad als Endgerät und damit auch für Apple-Produkte zu interaktiven Kommunikation untereinander. Eine solche Entscheidung für einen marktführenden Softwareriesen kostet den Bund , den Ländern und den Kommunen jeweils jährlich Millionen Euros an Lizenzgebühren. In vielen Schulen werden Kreide- und Magnettafeln zu Gunsten von interaktiven elektronischen Tafeln abgerissen, weil sie die einfache Interaktivität zwischen Schülerinnen und Schülern versprechen. Warum werden solche Entscheidungen getroffen?

Weil es am Anfang einfach funktioniert! Bei Microsoft sind die einzelnen Komponenten kompatibel, genauso bei Apple. Und was funktioniert, wird auch genutzt. Dieses ist aber kein Automatismus. Auch bei der interaktiven elektronischen Tafel sind Beamer, Stiftfunktion und Software in einem Paket vereint und doch werden sie zunehmend nicht genutzt, weil u.a. den Lehrerinnen und Lehrern nicht die Zeit gegeben wird, ihr Unterrichtsmaterial an die dort verwendete Software anzupassen. Und wenn dann auch noch verschiedene Modelle vom gleichen Hersteller nur abwärts kompatibel sind, wird es wirklich aufwendig für die vor Ort agierenden. Dazu kommt, dass Lehrinhalte und die Umsetzbarkeit von Didaktik und Pädagogik nicht von einigen wenigen Firmen vorgegeben werden dürfen. Es darf nicht sein, dass nur das Möglich ist, was Apple oder Smart und co. zulassen. Interaktivität zwischen denen am Lernen Beteiligten ist nicht einfach mal so zu initiieren wie es die Hersteller von Tabletts und elektronischen Tafeln versprechen. Es zeichnet sich ab, dass die Hersteller vorgeben, was unter Interaktivität im Lernprozess zu verstehen ist. Die Schülerinnen und Schüler können an gemeinsamen Produkten arbeiten (und das ohne aufstehen zu müssen). Dabei handelt sich bei der Interaktivität beim Lernen um wechselseitige und vielschichtige Kommunikationsprozesse. Oft auch nonverbal. Ein weiteres Argument, Schülerinnen und Schüler können in ihrem eigenen Tempo lernen. Schaut man sich die Apps genauer an, so erinnern sie doch stark an das programmierte Lernen nach Skinner aus den 70er Jahren. Der Behaviorismus, der Lernen als Verfestigung von Wissen durch Frage-Antwort Ketten auffasst hat durchaus seine Berechtigung beim erlernen und üben von zum Beispiel sachlichen Zusammenhängen, wie beim Vokabeln lernen und beim Rechentraining. Lehrpläne sind heute zunehmend Kompetenzorientiert und gliedern sich in die Fachkompetenz (Wissen und Fertigkeiten) und die personale Kompetenz (Soziale Kompetenz und Selbständigkeit). Lernapps und interaktive Tafeln von namhaften Herstellern ermöglichen die Erstellung von gemeinsam erstellten Produkten. Man könnte meinen, dass sie Konstruktivistische Lernarrangements ermöglichen. Ihnen fehlen jedoch für den Lernerfolg so wichtigen Konfrontationsphasen in denen das Gelernte in Beziehung und Kontext gesetzt wird. Also müssen zum Glück doch wieder die Lehrerinnen und Lehrer ran. Aber dann wieder so wie früher, analog statt digital, weil Hersteller wie Apple ja nur die eigenen Apps zulässt.

Lernen in einer digitalen Welt ist wie der gesellschaftliche digitale Wandel ein langwieriger Transformationsprozess. Die Technik schreitet so schnell voran, dass Schulen sich nicht in Herstellerabhängigkeiten geben sollten. Sie müssen offen sein für vielfältige Entwicklungen.

Welche Alternativen gibt es? Grundsätzlich gilt auch hier. Nur was funktioniert, wird genutzt. Und Lehrerinnen und Lehrer nutzen das was sie sich zeitintensiv an Unterrichtsmaterial erarbeitet haben. Sie müssen ebenfalls ihr Unterrichtsmaterial und ihre Unterrichtsmethoden „transformieren“. Das geht nur mit der Zeit. Anstelle von interaktiven Whiteboards sind Schulen wesentlich nachhaltiger aufgestellt, wenn sie gute Grafiktabletts mit Stiftfunktion und gute Beamer anschaffen. So können Lehrerinnen und Lehrer anstelle auf der Tafel zu schreiben auf dem Grafiktablet schreiben und ihre eigenen Endgeräte weiter nutzen. Digitale Novizen können zunächst wie bisher weiter arbeiten und haben die Möglichkeit sich Schritt für Schritt in die digital unterstützenden Lernarrangements einzuarbeiten. In besonderen Räumen wie naturwissenschaftlichen Laboren gibt es in der Regel PCs mit besonderen Anforderungen. Sie können ebenso weiter verwendet und unkompliziert erneuert werden. Zudem sitzt oder steht der Nutzer mit dem Blick zur Klasse und verdeckt die Schreibfläche nicht mit dem eigenen Körper. Zukünftige Beamer mit höherer Lichtstärke und Auflösung oder neue PCs können herstellerunabhängig ausgetauscht werden. Bisherige und auch neue Software kann verwendet werden.

Anstelle von Endgeräten mit herstellerabhängiger Lernsoftware sind Schulen mit webbasierter Lernsoftware nachhaltiger aufgestellt. Nicht unwesentlich viele Schülerinnen und Schüler haben nicht die Möglichkeit sich für zu Hause ein iPad zum lernen anzuschaffen. Auch die Schulträger werden es bei knapp 11Mio Schülerinnen und Schülern in der BRD nicht schaffen, ausreichend Endgeräte für die Schulen bereit zu stellen. Es wird nur mit Bring your own device gehen. Webbasierte Lernsoftware und webbasierte Lernplattformen wie Moodle sind weitestgehend Endgeräteunabhängig. Endgeräte können schnell ohne Softwareinstallation ausgetauscht werden. Schülerinnen und Schüler können zeit- und ortsunabhängig mit ihren Endgeräten arbeiten. Unterrichtsmaterial und Arbeitsergebnisse werden auf Lernplattformen gespeichert. So gibt es auch keine Probleme mit dem Datenschutz oder der Datensicherung wenn ein Gerät verloren geht oder ausfällt.

Dieses „Tafelbild“ wurde während meines Unterrichts mit der OpenSource-Software Sketchbook und einem Wacom Cintio Grafiktablet erstellt.

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