Fehlinvestitionen bei der Anschaffung von elektronischen Tafeln vermeiden

Als Lehrer, der an Berufskollegs schon seit gut 20 Jahren „Neue Medien“ einsetzt, möchte ich Sie an meinen Erfahrungen bei der Nutzung elektronischer Tafeln teilhaben lassen. Dazu kommen die Erfahrungen von Kolleginnen und Kollegen, die wir in diversen Arbeitskreisen zur Pädagogik und Digitalisierung meines Berufsverbandes vlbs austauschen.

Die Verwendung von elektronischen Tafeln in Schulen ist sehr problematisch. Erfahrungen zeigen, dass die elektronischen Tafeln für schulische Verhältnisse sehr kurzlebig sind und nur 5-10 Jahre funktionieren und sehr schnell veraltet sind. Die Ersatztafeln besitzen eine neue Hard- und Software, so dass dann nach wenigen Jahren unterschiedliche elektronische Tafeln an einer Schule vorhanden sind. Der gleiche Effekt tritt auf, wenn die Tafeln über mehrere Jahre Schritt für Schritt angeschafft werden. Da Lehrerinnen und Lehrer ihre Unterrichtvorbereitung in der Regel individuell auf ihren Endgeräten erstellen, müssen die elektronischen Tafeln Hard- und Softwarekompatibel sein. Und das sind sie trotz der Versprechen der Hersteller nicht. Die Kolleginnen und Kollegen nutzen auch schulform- und fächerabhängig sehr unterschiedliche Hard- und Software. Der Physik- oder Mathelehrer hat ganz andere Anforderungen als der Deutsch- oder Musiklehrer. In den meisten Fällen gehen die Kolleginnen und Kollegen in die Klassenräume. Dort müssen die jeweiligen Endgeräte schnell an an die vorhandene Hardware angeschlossen werden und funktionieren. Im Alltag funktioniert das leider nicht. Die Konsequenz ist, dass die Kolleginnen und Kollegen schon nach wenigen Jahren die elektronischen Tafeln nicht mehr nutzen, da der Aufwand (Anpassung der Unterrichtsinhalte an verschiedene vorhandene Hard- und Software) nicht zu leisten ist. In nicht wenigen Klassenräumen ist dann sogar ein Rückschritt zu beobachten. Der Tafel beraubt, nutzen Kolleginnen und Kollegen die Rückwände von Klassenräumen für ihren Unterricht, indem sie mit Filzstiften auf kleinen Whiteboard-Flipcharts schreiben. Dazu kommt, dass viele elektronische Tafeln viel zu klein sind.

Aufgrund der schnellen Entwicklung auf dem Hard-und Softwaremarkt, darf die Hardware im Klassenraum nicht von Software abhängig sein.

Sehr gute Erfahrungen haben meine Kolleginnen und ich mit folgender getrennten Lösung gemacht.

An Stelle einer elektronischen Tafel werden ein hochauflösender Beamer, mit dem das Bild an die jeweilige räumliche Klassensituation angepasst werden kann. Und ein an diesen Beamer vor Ort angeschlossenes Grafiktablett welches als Eingabegerät an die Endgeräte der Lehrerinnen und Lehrer angeschlossen werden kann. Über einen Switch können die Kolleginnen und Kollegen aber auch schnell ein im Raum vorhandenes Endgerät nutzen. Ebenso natürlich auch die Schülerinnen und Schüler. So kann schnell der Unterricht beginnen und alle individuellen Änderungen sind unabhängig von der im Klassenraum vorhandenen Infrastruktur. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Kolleginnen und Kollegen mit dem Gesicht zur Klasse stehen. Nur was funktioniert, wird auch genutzt.

Ein weiteres praktisches Problem ist der Einsatz von so genannter Lernsoftware. Sie muss auf allen unterschiedlichen Endgeräten funktionieren. Das ist kaum zu realisieren. Mittlerweile gibt es für fast alle möglichen Unterrichtsarrangements entsprechende webbasierte Software. In Open Source Anwendungen wie der Lernmanagementplattform Moodle werden diese regelmäßig nach kurzer Zeit durch die Community eingebunden. Dort lässt sich auch Big Blue Button, ebenfalls Open Source, einbinden. Big Blue Button ist eine für die Lehre entwickelte Konferenzsoftware die spezialisiert ist auf Gruppenarbeit. Anstatt viel Geld für Software-Lizenzen auszugeben, könnte man lieber die Open Source Community auch finanziell unterstützen.

Vorteil solcher Webbasierter Open Source Lösungen ist die mögliche Verwendung einfachster Endgeräte ohne Betriebssystemabhängigkeit. So können einfache Notebooks mit Linux-Mint genutzt werden, die nur ein Bruchteil von Notebooks mit Betriebssystemen von Windows oder Apple kosten. Bei Linux-Mint ist die in Schulen benötigte Standartsoftware schon dabei und installiert. Da das Handybetriebssystem Android auf Linux basiert, kommen nach meinen Beobachtungen die meisten SchülerInnen und Schüler mit Linux besser zurecht als mit Windows.

Vorteil hierbei ist auch die wesentlich einfacher einzuhaltenden Datenschutzbestimmungen, da sich die Nutzerinnen und Nutzer nirgends registrieren müssen. Für die Anschaffung von Notebooks für Lehrerinnen und Lehrer stehen nur 600 Euro pro Notebook zur Verfügung. Die ist nur mit Linux Mint zu realisieren. In Österreich und in der Schweiz sind diese Lösungsansätze schon viel etablierter.

Ich stehe Ihnen gerne für Rückfragen oder Anregungen zu Verfügung.

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